Sie sind in Ihrem Leben bereits viel gereist, haben dabei unzählige Orte entdeckt. Was bedeutet für Sie eigentlich der Begriff „Heimat“?
Heimat ist für mich die Quelle meiner Energie, wie die Wurzeln eines Baumes. Wenn sie gesund sind, kann der Baum wachsen, seine Äste in alle Richtungen ausstrecken und so zum Individuum werden.
Auch mein Leben wurde sehr stark geprägt von meiner persönlichen Heimat: Ich wurde in eine renommierte Künstlerfamilie geboren. Mein Vater Rudolf Kedl war einer der berühmtesten österreichischen Bildhauer seiner Zeit. Meine Mutter ist freischaffende Malerin, und auch mein Bruder Talos ist ein erfolgreicher und bekannter Bildhauer.
Mein Vater stammte aus dem burgenländischen Stadtschlaining, meine Mutter ist gebürtige Wienerin. Gemeinsam zogen sie Ende der 60er Jahre nach Markt Neuhodis - in einen kleinen Ort südlich des Geschriebensteins, der höchsten Erhebung des Burgenlandes, am Rande der pannonischen Tiefebene. In diesem idyllischen Ambiente wurde ich in Geborgenheit und mit viel Liebe zu einem sehr freien Menschen erzogen. (HP: MARKT NEUHODIS: SKULPTUREN-PARK KEDL)
...Zum Begriff Heimat fällt mir auch folgendes Zitat ein: „Der Frosch im Brunnen weiß nichts vom großen Ozean.“ Manche Menschen sind rundum glücklich und zufrieden in dieser ihnen so vertrauten Welt, der Heimat. So soll es auch sein, für andere hingegen ist der Blick aus dem Brunnen erst der Beginn einer langen und abenteuerlichen Reise…
…Und diese Reise sind Sie bereits in frühen Jahren zum ersten Mal angetreten.
So könnte man es wohl sagen. Im zarten Alter von elf Jahren zog es mich zum ersten Mal in die große weite Welt. Ich reiste erstmals allein, mein Ziel war zunächst Kanada.
Später studierten Sie Kunstgeschichte und Japanologie – Warum gerade diese beiden Studien?
Als Tochter einer Künstlerfamilie war es für mich klar, Kunstgeschichte zu studieren: Die Auseinandersetzung mit der Kunst wurde mir bereits in die Wiege gelegt. Unser Haus war immer schon ein Ort der Begegnung - ein Treffpunkt namhafter Künstler, Kunstfreunde und Kunstinteressierter. Nach dem Tod meines Vaters 1991 haben wir diese Tradition fortgesetzt - bis heute, mit jährlich stattfindenden Kunst- und Kulturveranstaltungen.
Und wieso Japanologie? Bei meinen Reisen verspürte ich zusehends den immer stärker werdenden Drang, ferne Länder und fremde Kulturen kennen zu lernen. Ich wollte das Leben dieser Menschen ebenso erforschen wie ihre Sitten und Gebräuche. Dieses Bedürfnis führte mich zum damals noch sehr exotischen Studium der Ostasienwissenschaften und Japanologie.
Sie haben dieses Land oft bereist und Ihre Studien mit Auszeichnung abgeschlossen.
Ja, das ist richtig. Im Rahmen der Studien an der Universität Wien erhielt ich aufgrund des Studienerfolges ein einjähriges Stipendium für Japan. Neben dem Studium wollte ich aber auch das Land begreifen und erfassen, und ich erkundete Japan vom Norden in den Süden, vom Westen bis in den Osten. Der Weg führte mich zu beeindruckenden Tempelanlagen, auf den heiligen Berg Fuji, in die entfernten Gebiete der Ureinwohner, mit dem Eisbrecher hinaus auf das russische Meer. Im Zuge dessen verfasste ich ein beinahe 700 Seiten umfassendes Reise-Tagebuch, um die unzähligen Eindrücke festhalten zu können. Plötzlich war die Komplexität der Kultur für mich viel verständlicher geworden als durch das Studium der Bücher. Nach meiner Rückkehr wurde ich Tutorin der Austauschstudenten am Institut in Wien. Später erhielt ich ein Forschungs-Stipendium in Oxford und schloss meine beiden Studien mit dem Magister ab.
Dann wagten Sie den Sprung ins kalte Wasser.
So würde ich es vielleicht nicht ausdrücken, aber vielleicht haben Sie ja Recht, denn gewagt war es schon. Wenige Tage nach meiner Sponsion saß ich in einem Flugzeug nach Japan. Ich hatte den Entschluss gefasst, für unbestimmte Zeit in diesem Land zu leben.
Während Ihrer Zeit in Japan waren Sie als Kuratorin für Kunst-Ausstellungen, als Pädagogin und Kultur-Vermittlerin tätig. – Österreich hat für Sie aber immer eine große Rolle gespielt. Ihnen ist es gelungen eine Brücke zu schlagen zwischen zwei Kulturen, die einander zwar sehr viel Achtung entgegenbringen, aber unterschiedlicher nicht sein könnten.
Ja, das ist richtig. In Tokyo arbeitete ich in Galerien für zeitgenössische Kunst und hielt an japanischen Firmen Vorträge. Schließlich gründete ich mein eigenes Kultur- und Sprachseminar. Das moderne Japan ist sehr stark vom Westen geprägt. Japaner haben besonderes Interesse an der Habsburgermonarchie, vor allem an der ehemaligen Kaiserstadt Wien. Somit setzte auch ich den Schwerpunkt auf genau jene Themen, für die auch ich mich sowieso seit jeher begeisterte: Österreichische Kunst, Kultur, Musik und Geschichte.
Bei einem ORF-Interview in Tokyo im Jänner 2010 waren sie gerade hochschwanger, Ihr Sohn Taikai hat kurze Zeit später in Japan das Licht der Welt erblickt. Welche Bedeutung hat sein Name?
Taikai bedeutet übersetzt „großer Ozean“ und symbolisiert einerseits unsere Verbundenheit – mein Name ist Thetis, und das war eine altgriechische Meeres-Göttin – und andererseits den Wunsch für ein glückliches, spannendes und zufriedenes Leben mit großartigen Möglichkeiten.
Genau ein Jahr später kam es zum verheerenden Erdbeben und dem Atomunfall von Fukushima. Die japanische Regierung schwieg dazu. Der Großteil der dort lebenden Menschen hatte keine Möglichkeit sich zu entscheiden, aber für Sie war das der Beginn eines neuen Lebensabschnittes.
Ja, das trifft es genau auf den Punkt. Wir hatten die Möglichkeit, uns zu entscheiden. Nur wenige Stunden nach den Ereignissen schafften wir mit großen Hindernissen die Ausreise. Taikai und ich saßen im Flugzeug…auf dem Weg in eine neue Zukunft in Österreich.
Heute sind Sie erfolgreich als Fremdenführerin unterwegs. Was hat Sie gerade dazu bewogen, als Fremdenführerin zu arbeiten?
Im Ausland leitete ich Seminare in den Bereichen der europäischen Kunst, Kultur und Geschichte. Genau diese Interessen wollte ich auch in Österreich weiterhin verbinden, deshalb machte ich die Ausbildung zur staatlich geprüften Fremdenführerin. Seit 2014 bin ich selbständig. Nun repräsentiere ich das Land Österreich nicht im Ausland, sondern direkt vor Ort – an den Plätzen, an denen Geschichte er-lebbar wird.
Sie machen Spezialführungen in Wien und im Burgenland – dem östlichsten Bundesland Österreichs im Süden von Wien.
Ja, Wien war einst Zentrum eines 50 Millionen-Habsburger-Reiches, es ist auch heute noch Schmelztiegel der Kulturen und Zentrum der Kunst. Über diese faszinierende Stadt gibt es viel zu erzählen.
Das Burgenland wiederum ist meine Heimat. Hier bin ich geboren, hier liegen meine Wurzeln und hier kenne ich mich auch sehr gut aus. Es ist ein faszinierender Landstrich – kulturell geprägt durch die Kelten, den Weinanbau, die bekannte römische Handelsroute der Bernstein-Straße, berühmte Adelsgeschlechter, Künstler und Musiker, eine Vielzahl an Konfessionen und Volksgruppen, beeindruckend durch dominante mittelalterliche Burganlagen, erholsam durch bekannte Nationalparks wie das UNESCO Weltkulturerbe Neusiedlersee, sehenswert auch wegen versteckter Juwelen wie unseren Skulpturenpark in Markt-Neuhodis. Das Burgenland ist definitiv einen Besuch wert!
Welches Publikum sprechen Sie bei Ihren Führungen an?
Ich orientiere mich nicht an Zielgruppen, sondern an den einzelnen Menschen. Ob jung oder jung geblieben, ob klein oder groß, Familie, Freundschaftskreis, Überraschung, Firmengruppe, als Schule im Klassenverband… Es ist bestimmt für jeden das Richtige dabei. Die vielfältigen Angebote sind mit wenigen Klicks auf meiner HP zu finden.